Schuldspruch, aber keine Haftstrafe

 

Heute, 19.7.2021, fand am Landesgericht Salzburg die Gerichtsverhandlung gegen zwei Anarchist_innen statt, denen vorgeworfen wurde, Graffiti gegen Bullen und Repression und für einen Mietstreik gesprayed zu haben.

Beide wurden verurteilt: eine Person zu 8 Monaten auf Bewährung, die andere Person zu 2 Monaten auf Bewährung, jeweils mit 3 Jahren „Probezeit“. Die befürchtete unbedingte Haftstrafe ist nicht eingetreten. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Anwaltskosten und die “Schadens”summe betragen insgesamt bis zu 10.000 Euro.

Beide verweigerten während der Gerichtsverhandlung die Aussage und machten nur kurze politische Statements, die wir unten dokumentieren.

Beim Landesgericht gab es zeitgleich eine solidarische Kundgebung von ca. 35 Leuten. Gezeigt wurden Transpis mit den Inhalten „Graffiti is Class War“ und „Anarchist Graffiti Solidarity.“

Die beiden Angeklagten bedanken sich für die Solidarität, die sie in den letzten Wochen und Monaten erfahren haben!

„Am 11.11.2021 wurden bei der Hausdurchsuchung in meiner Wohnung Notizen zum Thema Mietstreik und anarchistische Symbole gefunden. Uns ist bewusst, dass unsere politische Haltung uns ohnehin als schuldig erscheinen lässt. Anarchistin zu sein, ist das Gegenteil von strafmildernd. Oft reicht das alleine für Verfolgung: Am selben Abend wie die Hausdurchsuchung bei mir wurde in Belarus der Blogger Nikolai Dedok in seiner Wohnung festgenommen und gefoltert, weil er Anarchist ist. Ja, ich will eine Welt, in der Eigentum nicht mehr über den Menschen steht. In diesem Sinne bin ich weder schuldig, noch unschuldig.“

„Grundlegend ist die Frage des Eigentums, wem gehört die Stadt? Konzerne und Parteien mit finanziellen Mitteln kaufen sich öffentlichen Raum, um sinnlose und schädliche Produkte zu verkaufen oder Hetze zu betreiben. Ohne Geld sich im öffentlichen Raum zu äußern ist illegal. Die ganze Stadt ist voll mit Graffiti an Wänden. Vieles finde ich gut, stehe dahinter, andere find ich scheiße. Die Tags sind wichtig für den öffentlichen Raum. Weder schuldig noch unschuldig.“

Kundgebung vor dem Landesgericht / rally in front of the court house

+++English below+++

Anlässlich der Gerichtsverhandlung am 19.07.2021 findet vor dem Landesgericht Salzburg ab 12:30 eine Kundgebung statt. Kommt zahlreich und zeigt eure Solidarität.

+++English+++

On 19 July 2021, we will gather for a rally in front of the court house (Landesgericht Salzburg) at 12.30 pm. Everyone who wants to show their solidarity is invited to join.

Verhandlungstermin/court trial

+++english below+++

Verhandlungstermin

Der Verhandlungstermin steht fest: 19.07.2021 um 13:00 im Landesgericht Salzburg, Saal 101. Solidarische Unterstützung erwünscht.

Court trial

The date of the court trial has been announced: 19 July 2021 at 1 pm at Landesgericht Salzburg, room 101.

Come to the court to show solidarity with the accused anarchists!

Repression gegen zwei Anarchist_innen in Salzburg // Repression Against Two Anarchists in Salzburg

***ENGLISH VERSION BELOW***

In der Nacht auf Mittwoch, 11. November 2020 wurden in Salzburg zwei Anarchist_innen festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, sie hätten Graffitis gegen Bullen und Repression und für den Mietstreik gesprüht. Beide verweigerten die Aussage. Da eine der beiden Personen schon mehrere Vorstrafen hat, könnte es für ihn zu einer Haftstrafe kommen, falls er verurteilt wird.

In der Nacht der Festnahme wurde er wurde erst gegen sechs Uhr früh wieder frei gelassen. Bei der zweiten Person konnte die Identität erst nicht festgestellt werden. Erst durch eine bullen-interne Fahndung wurde ihre Identität durch den Verfassungsschutz bekannt gegeben. Die Anarchistin wurde gewaltvoll einer ED-Behandlung inklusive DNA-Abnahme unterzogen.

Außerdem wurde ihr der Wohnungsschlüssel entwendet. Damit drangen die Bullen ohne ihr Wissen in ihrer Abwesenheit in ihre Wohnung ein. Erst als die Hausdurchsuchung schon längere Zeit im Gange war, kam ihre Mitbewohnerin nach hause. Dieser wurde kein Durchsuchungsbescheid vorgelegt, es wurde lediglich gedroht, dass ihre festgenommene Mitbewohnerin in den Knast kommen würde. Während der Durchsuchung fotografierten die Bullen diverse politische Sticker und beschlagnahmten private Notizen, Handy, USB-Sticks.

Die Anarchistin wurde kurz nach 20 Uhr aus dem PAZ entlassen, als die Hausdurchsuchung schon längere Zeit beendet war. Wie praktisch für die Bullen: Zu diesem Zeitpunkt galt eine von der Regierung erlassene Ausgangssperre von 20 bis 6 Uhr. Die Uhrzeit war für sie also noch eine willkommene Einladung, alle solidarisch wartenden Leute vor dem PAZ mit Corona-Anzeigen einzudecken.

Erst am nächsten Tag wurde dann nachträglich der schriftliche Durchsuchungsbescheid ausgestellt. Er enthält auch den Vorwurf: Schwere Sachbeschädigung. Es ist bezeichnend, dass das schon reichen soll, um Linke mit solchen Repressionsmaßnahmen zu drangsalieren. Wir lassen uns nicht einschüchtern! Getroffen hat es zwei, gemeint sind wir wie immer alle! Wir sind solidarisch mit allen Repressionsbetroffenen und halten euch auf dem Laufenden. (A)

***ENGLISH***

Repression against two Anarchists in Salzburg

In the night of 11 November 2020 two anarchists were arrested in Salzburg. They are accused of having painted graffiti against cops and repression and for a rentstrike. Both refused to give any testimony to the cops. Since one of the anarchists has several criminal reports, it is possible that he has to go to prison if he is sentenced.

In the night of the arrest, he was set free at 6am. The identity of the other anarchist could not be detected at first. Only after the cops sent her photo to all police stations in Austria, it was the secret service that disclosed her identity to the cops. The cops violently took fingerprints, photos and the DNA of the anarchist.

Besides the cops stole the keys for her flat. With them the cops entered her flat without her knowledge and presence. Her room mate came home only after the house search had been going on for some time . She was not shown the search warrant but the cops only threatened her that her arrested room mate will have to go to prison. During the house search the cops took photos of several political stickers and confiscated private notes, her phone and USB sticks.

The anarchist was set free from police custody at 8pm, when the house search had been finished for a longer time. How useful for the cops. At that time a nightly curfew from 8pm to 6am was in force. The time of her release was a great invitation for the cops to charge all the persons who were waiting in front of the police department with violating the covid rules.

The written search warrant was issued only on the next day. It also contains the accusation: serious damage of property. It is telling that it is enough to bully leftists with that kind of repression. Although the cops targeted only two of us, all of us are meant. Solidarity with all persons affected by repression. We’ll keep you up to date. (A)